Auf das Ergebnis meiner Arbeit bin ich stolz!

Mein Schwager, der damals in den frühen Siebzigerjahren schon bei Passier beschäftigt war, hat mich gefragt, ob ich nicht Lust hätte, auch hier zu arbeiten. Ich war 17 Jahre alt und habe direkt „Ja“ gesagt. Ganz am Anfang habe ich den Century-Sattel fertig gemacht, das war ein Sattel für den amerikanischen Markt. Mein Schwager hat mir die nötigen Arbeitsschritte gezeigt. Damals war noch Herr Passier im Unternehmen und Herr Kannemeier senior. Sie kamen jeden Morgen in die Werkstatt und haben uns „Guten Morgen“ gesagt.

Man kann hören, ob ein Nagel richtig sitzt

Später habe ich dann bei den Sätteln die großen Taschen angenäht und Kissen untergezogen. Das Unterziehen war am schwierigsten. Da musste man schon ordentlich ziehen, und man wusste abends, was man gemacht hat. Einmal habe ich morgens bei einem Sattel die Zubuse eingenagelt, als Herr Passier vorbeikam. Ich schlage also den Nagel ein, und Herr Passier bleibt stehen und sagt: „Herr Manthey, der Nagel sitzt aber nicht. Der ist nicht im Holz drin.“ Und was soll ich sagen: Das stimmte! Er hat das im Vorbeigehen gemerkt, da war er schon ungefähr 70 Jahre alt! Ich habe das nachher ausprobiert, und man kann tatsächlich hören, ob der Nagel richtig sitzt! Da hatte er noch ein sehr feines Gehör, und nicht nur das: Wenn irgendwas an einem Sattel dran war, das hat er immer genau gesehen.

Man muss den Dreh raushaben

Mittlerweile geht die Arbeit leichter von der Hand, man kriegt Routine. Wenn man einmal den Dreh raus hat, klappt es wirklich gut. Im Büro könnte ich nicht arbeiten, und Trensen zu nähen, das wäre mir zu fummelig! Ich arbeite jetzt seit 20 Jahren in der Reparatur, das ist sehr vielseitig: Kissen aufpolstern, Kopfeisen umstellen, Sitze, Kissenleder, Strippen… Es ist jeden Tag etwas anderes. Ich mache täglich zwischen drei bis sechs Sättel, je nachdem, was an dem Sattel zu tun ist.

Da sieht man: Das ist klasse!

Wir hatten einmal einen Sattel hier zur Reparatur, der war 50 Jahre alt. Aber was soll ich sagen: Der war noch super! Wenn man so einen Sattel vor sich hat und sieht, dass da alles noch in Ordnung ist, dann macht einen das schon sehr stolz. Auch wenn ich den Sattel selbst nicht gemacht habe, weil er dafür ja zu alt ist. Da sieht man: Das ist klasse! Das Leder war auch sehr gut gepflegt, ganz weich, man konnte die Strukturen noch erkennen. Der Sattel hat dann ein paar neue Strippen bekommen. Wenn Sättel heute zu uns in die Reparatur kommen, sind sie schon sauberer als früher. Ich kann mich noch daran erinnern, da waren die oft richtig dreckig und haben stark nach Pferd gerochen. Früher waren die Sättel auch gewalkt, das Leder war umgebogen und da lag dann die Pausche drin. Aber so etwas wird heute vom Kunden nicht mehr verlangt. Was sich noch geändert hat: Die Sattelpauschen werden immer größer und die Matratzen weicher. Ganz früher war der Sattelsitz ja bretthart.

Ich werde Passier vermissen

Das Schönste an meiner Arbeit ist, dass man sieht, was man fertig macht. Und auf das Ergebnis kann man stolz sein, weil die Leute ja Freude an unseren Sätteln haben. Ich mag die Arbeit bei Passier. In diesem März gehe ich nach 45 ½ Jahren in Rente. Darauf freue ich mich auch. Mein Wissen habe ich bereits an meine jüngeren Kolleginnen und Kollegen weitergegeben. Sie werden das auch gut machen! Ich glaube, dass ich Passier schon vermissen werde...

Dieter Manthey, Passier Mitarbeiter seit 1975